
Mio Zając
Clark Sickle-Leaf Carpet
Pigmentdruck auf Papier.
Aus der Ferne wirkt der große Teppich von Mio Zając wie ein Prachtstück der persischen Knüpfkunst aus einer früheren Epoche. Aber treten Sie näher heran! Dann werden Sie feststellen, dass der „Teppich“ nicht aus Wolle und Seide, sondern aus Baumwollpapier und Pigment besteht. Und wenn Sie noch näherkommen, werden Sie bemerken, dass die angeblichen Knoten aus Emoticons gebildet wurden. Insgesamt wurden alle 3.297 Emoticon-Zeichen aus dem Jahr 2021 eng an eng gedruckt, um die perfekte Illusion eines historischen Perserteppichs zu erzeugen.
Die Ornamente von Zając’s Teppich sind nicht beliebig gewählt worden. Der Kölner Künstler bezieht sich auf das sogenannte “Clark Sickle-Leaf Carpet”, einen persischen Teppich aus dem 17. Jahrhundert mit Motiven von Zweigen, Sichelblättern und Weinreben, die auf Papier präzise nachgebildet wurden. Das Original wird als Meisterwerk der islamischen Kunst gesehen und wurde 2013 für über 33 Millionen Dollar versteigert.
Seitdem gilt es als der teuerste Teppich der Welt. Im Gegensatz zu diesem kostbaren Stück stehen die digitalen Emoticon-Zeichen, die inzwischen in der alltäglichen Kommunikation weltweit verwendet werden und die Funktion haben, komplexe Gefühle und Botschaften. Hier prallen also zwei Welten aufeinander: die traditionsreiche Symbolik eines kulturellen Erbes und die schnelle Bildsprache der Gegenwart. Mio Zając inszeniert gekonnt den Kontrast. Allerdings bleibt offen, ob er mit dieser bewussten Trivialisierung eines wertvollen Werks der persischen Hochkultur die Banalität unseres digitalen Alltags oder den Wahnsinn des Kunstmarktes kommentiert.