Julius Brauckmann
Gala, 10:59 a.m. (Fruit Selfie Series)
Inkjet-Print
Ob er mit Video, Installationen oder Fotografie arbeitet: Die Herangehensweise von Julius Brauckmann ist zunächst konzeptuell und oft medienreflexiv. Für die Sparte der Fotografie bedeutet dies, dass Brauckmann sich weniger für Motiv und Ausdruck interessiert als für die technischen oder kulturellen Bedingungen der Entstehung von Bildern an sich. Es ist also ein Nachdenken über Fotografie, das in diesen Arbeiten verhandelt wird.Für die Fruit Selfie Series hat Brauckmann ein kleines, mobiles Fotostudio in einer Plantage aufgebaut und seine Kamera vor Obstbäumen installiert. Die auf den pneumatischen Fernauslöser herabfallende, reife Frucht provoziert selbsttätig die Aufnahme. Das Bild entsteht also ohne die direkte Mitwirkung des Künstlers. Brauckmann vergleicht den Vorgang mit einem Selfie und verwandelt damit das traditionelle Objekt eines Stilllebens in ein aktives Subjekt.Ausgangspunkt der Serie war eine Reflektion zur Rolle des Autors im digitalen Zeitalter, insbesondere im Feld der Fotografie. Die Popularisierung von digitalen Technologien hat den Beruf des Fotografen komplett verändert. Dank leistungsstarken Geräten, die individuelle Entscheidungen und handwerkliches Können beinahe überflüssig machen, kann sich jeder ahnungslose Smartphone-User als Fotoexperte fühlen. Vor allem dank des Einsatzes von künstlicher Intelligenz, die die Bildinformationen unmerklich verbessert, werden sehr gute Bildergebnisse erreicht. Die gelungene Aufnahme fällt einfach vom Himmel, wie der Apfel vom Baum. Dieser Zuwachs an Autonomie eines technischen Gerätes bedeutet einen Autonomieverlust des Künstlers, der die Kontrolle abgibt und zum Operator einer Black Box degradiert wird. Julius Brauckmann blickt mit einer guten Portion Ironie auf diese Entwicklungen und aktualisiert zudem die Gattung des Stilllebens.